Industriepolitik: Was ist dran an den neuen (und alten) Argumenten?

Wirtschaftliche Freiheit - Ein Podcast von Norbert Berthold, Jörn Quitzau

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Die Industriepolitik erlebt eine Renaissance, weltweit. Der Standortwettbewerb wird in den Hintergrund gedrängt. Überall werden Investitionen gelenkt, finanziell wird gedopt, das Meiste wird über staatliche Kredite finanziert. Das gilt etwa für die EU (Net Zero Industry Act), die USA (Inflation Reduction Act) aber auch für China mit seiner direkt staatlich gesteuerten Volkswirtschaft. Alle betreiben Industriepolitik, wenn auch mit einem unterschiedlichen Instrumenten-Mix und verschieden intensiv. Für die meisten Ökonomen ist Industriepolitik längst kein Teufelszeug mehr. Die ordnungspolitischen Zeiten haben sich verändert. Es geht nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wo“, „Wie“ und „Wieviel“. Die Misserfolge der realen Planwirtschaften scheinen zu verblassen. Ökonomen sind längst nicht nur alle Keynesianer (Milton Friedman). Der Tag scheint nicht fern, an dem sie alle auch Industriepolitiker sind. Damit rennen sie bei Verbänden, Gewerkschaften und der Politik offene Türen ein. Der effizienzverschlingende Korporatismus blüht. Das Geschäft der Industriepolitik ist schwierig, für Politiker wie für Ökonomen. Es fängt bei der Auswahl der zu fördernden Projekte an. Wer weiß besser was „zukunftsträchtig“ ist, Unternehmer oder Politiker? Können Experten das Wissensproblem verringern? Das alles ist unklar. Sicher ist nur: Es bleibt viel Raum für „rent seeking“. Eine zweite Schwierigkeit entsteht, da industriepolitische Projekte finanziert werden müssen. Wer kann es besser, private Kapitalmärkte oder politische Entscheidungsträger? Ist eine Steuer- der Kreditfinanzierung vorzuziehen? Welchen Einfluss haben die tieferen Taschen der Politiker? Werden künftige Generationen belastet? Das alles ist umstritten. Sicher ist nur: Der Druck auf eine (noch) fexiblere Schuldenbremse steigt. Schließlich tut sich eine dritte Schwierigkeit auf. Es werden einige wenige unterstützt und viele andere belastet. Wie verzerrt das den Wettbewerb auf den Märkten? Wie stark verteilt die Industriepolitik um? Wird das sozial akzeptiert? Das alles ist unsicher. Sicher ist nur: Es kommt zu Verteilungskonflikten. Reto Föllmi ist Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität St. Gallen, Direktor des 1943 gegründeten "Schweizerischen Instituts für Außenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung" an der Universtität St. Gallen und ab Februar 2024 Prorektor der Universität St. Gallen. Norbert Berthold ist Professor (em.) für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsordnung und Sozialpolitik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er war an den Universitäten Freiburg, Münster, Hamburg, Düsseldorf und Würzburg tätig. Norbert Berthold ist Initiator und Betreiber des Ökonomen-Blogs „Wirtschaftliche Freiheit“ und damit auch Namensgeber und Initiator dieses Podcasts.