Essay: “Die Schillerstadt Marbach als deutscher Erinnerungsort” von Michael Davidis

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Dass sich Marbach mit Genehmigung der Landesregierung nun offiziell »Schillerstadt« nennen darf, bedeutet für die Gemeinde Auszeichnung und Verpflichtung zugleich. Diese von den Bürgerinnen und Bürgern lang ersehnte Entscheidung bietet Anlass zu einem Blick auf die Wirkungsgeschichte des Namenspatrons in seiner engeren Heimat. Schillers physischer Geburtsort steht dabei im Zentrum, der »geistige Geburtsort« Stuttgart und der letzte Wohnort Weimar sind aber kaum auszublenden. Nicht nur als »Dichter und Denker«, sondern als eine Art Nationalheld erfüllte Schiller vom Vormärz bis ins 20. Jahrhundert eine weit über das Literarische hinausreichende Funktion. Von den gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bewegungen, die ihn für sich in Anspruch nahmen, blieb das schwäbische Landstädtchen, aus dem er stammte, nicht unberührt. »Denn er war unser!« Zu diesem oft missbrauchten Satz aus Goethes Epilog zu Schillers Glocke sollte man sich aber, bei aller Freude über die Namenserweiterung, auch in Marbach besser nicht mehr versteigen. Dr. Michael Davidis, Jahrgang 1947, Historiker und Buchwissenschaftler, 1983 bis 1986 Wissenschaftlicher Angestellter am Deutschen Museum in München, 1987 am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim, 1988 bis 2012 am Deutschen Literaturarchiv Marbach, verantwortlich für die Kunstsammlungen, die Photographische Sammlung und die Sammlung von Sachzeugnissen. Ausstellungen und Publikationen zur Buchhandelsgeschichte, zur Geschichte der Erinnerungskultur, zur Portraitgeschichte sowie zur Familien- und Wirkungsgeschichte Friedrich Schillers. Zuletzt erschien von ihm: Schiller und die Seinen. Beiträge zur Familien- und Wirkungsgeschichte. Göttingen: Wallstein 2021.