Polen – viel mehr als ein weißer Fleck auf der Landkarte. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Gudrun Heidemann in Lodz/Polen
WELTWEIT - Ein Podcast von Katrin und Mareike reden mit Gästen rund um den Globus
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„Theo, wir fahr’n nach Lodsch“ – dieser Schlager von Vicky Leandros aus den 70er Jahren ist ein Evergreen, den viele kennen. Die Stadt Lodsch, auf polnisch Łódź, die den historischen und räumlichen Hintergrund des Liedes stellt, wird jedoch nur Polenkennerinnen und -kennern geläufig sein. Ähnliches gilt für Polen selbst. Obwohl Deutschland und Polen in der Geschichte auf leidvolle Weise miteinander verbunden sind, ist für viele Deutsche das Land östlich der Oder und Neiße ein weißer Fleck auf der mentalen Landkarte. Prof. Dr. Gudrun Heidemann ging es anfangs ähnlich: Als studierte und promovierte Slawistin mit dem Schwerpunkt Russisch lag ihr Interesse noch weiter im Osten und auf ihren Reisen Richtung Moskau und St. Petersburg ließ sie ihre jetzige Heimat im Westen liegen. Ein Erasmus-Lehrenden-Austausch schließlich entfachte ihre Liebe für das Land, die Menschen und die Sprache. Viel westlicher als Russland, dabei trotzdem deutlich osteuropäisch geprägt und sehr authentisch, so beschreibt Gudrun das Land, in dem sie mittlerweile seit vielen Jahren lebt und lehrt. Dort wird sie auch, anders als in Deutschland, in ihrem Alltag auf Schritt und Tritt an Geschichte erinnert: Gedenktafeln, die an Ereignisse aus dem 2. Weltkrieg erinnern, Einschusslöcher in alten Gebäuden und hier und da beinah verblichene deutsche Inschriften an Häusern. Aber nicht nur die Geschichte prägt das Land. Seitdem 2015 die rechtskonservative Partei PiS an die Spitze der Regierung gewählt wurde, wird das Land von deutlich antidemokratischen Tendenzen und durch Stigmatisierung von Minderheiten erschüttert. Wo die Wurzeln dafür liegen könnten und welche liberalen Gegenbewegungen es gibt, erzählt Gudrun im Gespräch. Aber auch darüber, was die Faszination der Stadt Łódź, wo man „den Wind der Geschichte im Nacken“ habe (Gudrun nach Juli Zeh „Dann fahr doch!“, DIE ZEIT, Nr. 11, 06.03.2003), ausmacht, sowie über die Spaltung der polnischen Gesellschaft durch die nationalkonservative Regierung und schließlich darüber, welch kreative Kraft Proteste haben können, sprechen wir dieses Mal in WELTWEIT. Spannend und eindringlich entwirft Gudrun erzählerisch ein Bild eines Landes, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt. Aber auch die Herzlichkeit der Menschen, gutes Essen und interessante Landstriche und Städte laden zu einem Besuch ein.Wir sollten es Theo gleichtun. Gudrun Heidemann, die nicht nur Literaturwissenschaftlerin, sondern auch begeisterte Cineastin ist, empfiehlt folgende Bücher und Filme zu Polen: Wladyslaw Reymont: Das gelobte Landhttps://www.amazon.de/Das-gelobte-Land-Erstes-zweites/dp/3735001130/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&dchild=1&keywords=wladyslaw+reymont+Das+gelobte+Land&qid=1622674263&sr=8-1 Olga Tokarczuk: Taghaus, Nachthaushttps://www.amazon.de/Taghaus-Nachthaus-Olga-Tokarczuk/dp/3311100204/ref=sr_1_5?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&dchild=1&keywords=olga+tokarczuk&qid=1622673831&sr=8-5 Juli Zeh: „Dann fahr doch!“DIE ZEIT, Nr. 11, 06.03.2003 Fotoamatorhttps://youtu.be/WDgZwuWa9Tw Agata Bara „Der Garten“https://comickunst.wordpress.com/2012/12/14/der-garten/ ... und das Lied aus der Intro: Maria Peszek – Polska A, Polska B, Polska A, B, C i D”https://youtu.be/5CytySnKHrYGudrun im Gespräch mit Herta Müller:http://filolog.uni.lodz.pl/?p=9815&doing_wp_cron=1622776565.6204159259796142578125