Leben und Arbeiten an Orten, wo andere gern Urlaub machen. Ein Gespräch mit Peter Paschke in Padua, Italien
WELTWEIT - Ein Podcast von Katrin und Mareike reden mit Gästen rund um den Globus
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Mit dem Fahrrad eine Tour durch die Po-Ebene - so begann Peter Paschkes Geschichte mit Italien Anfang der 80er Jahre. Dass der studierte Sozialwirt aus dem Norden Deutschlands, der eigentlich eine Faszination für Skandinavien hatte, einmal in Padua seine Heimat finden würde, hätte er sich nicht träumen lassen. Aber die Radtour weckte seine Begeisterung für die Sprache, für, zunächst, Bologna und für das Lebensgefühl, welches so anders als das deutsche war. Auch seinen beruflichen Fokus hat er geändert: Nach einer Anstellung als Sprachassistent in Trient 1982/83, bildete er sich weiter, unterrichtet seit vielen Jahren nun schon Deutsch als Fremdsprache, forscht zu Themen in diesem Bereich und veröffentlichte Lehrwerke für Lesekurse. Das Interesse an deutscher Sprache ist groß, deutsche Firmen sind ein interessanter Arbeitgeber und deutsche Philosophie und Literatur im Original zu lesen, ist ein wichtiger Beweggrund seiner Lernenden. Peter selbst staunt über die Wendungen seines Lebensweges: Umstände, die sich ergeben haben, Gelegenheiten, die er ergriffen und Richtungen, die er eingeschlagen hat und die ihn in der Summe an den Punkt in seinem Leben geführt haben, an dem er sich jetzt befindet, ohne dass er bewusst darauf zu gesteuert wäre. Einen Punkt, an dem er zufrieden zurückschaut und sich gleichzeitig auf das, was vor ihm liegt, freut. Zu seinem Arbeitsort an der Universität Ca’ Foscari in Venedig, einer Stadt, die für viele ein wahres Traumziel ist, pendelt er mit dem Vorortzug. Zu voll, zu touristisch, zu teuer ist es dort für ein gutes Leben. Morgens, bevor er sich auf den Weg macht, schaut er auf eine App, die den Wasserstand in der Lagunenstadt anzeigt. Manchmal muss er seine Gummistiefel mitnehmen, um keine nassen Füße zu bekommen. Der Klimawandel macht auch vor einem Weltkulturerbe nicht Halt und die anhaltende Korruption verzögert ein wichtiges Deichprojekt. Dass die Deutschen Italien lieben, aber nicht schätzen und die Italiener Deutschland schätzen, aber nicht lieben, ist etwas was er aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Das Verhältnis der Italiener gegenüber den Deutschen mit all ihren wirtschaftlichen und technischen Erfolgen sei von Minderwertigkeitsgefühlen geprägt. Andererseits lehnen die Italiener Deutschland als zu kalt, zu organisiert ab. Deutsche hingegen idealisieren das Land, dessen Mode, Essen, Wetter und Landschaft sie mögen, schütteln aber den Kopf über politische und wirtschaftliche Missstände, was von den Italienern, die stolz auf die reiche Kultur ihres Landes sind, wiederum als Überlegenheitsgeste interpretiert wird. Viele von Peters Studierenden aber kommen begeistert aus Deutschland zurück, diesem Land, welches man als Italiener eigentlich nicht lieben könne. Denn immer dann, wenn Menschen sich treffen, ist alle Bitterkeit und Zurückhaltung vergessen. Freunde sagen ihm nach, er sei ein anderer, wenn er Italienisch spräche. Wie muss es dann erst sein, wenn er in Padua mit seinem italienischen Chor Stücke von Bach intoniert? 3:30Das Interesse der Italiener an Deutschland 7:50Peters Weg nach Italien11:35Peters Italiengefühl20:30Italienisch-deutsche Spannungen28:25Eine Frage der Identität30:00Sprache und Identität32:34Alte und neue Freundschaften36:53Venedig in Zeiten der Pandemie39:44Padua vs Venedig43:37Wird Venedig untergehen?52:39BuchtippLucio Dalla: Caruso, livehttps://www.youtube.com/results?search_query=lucio+dallaPeters Buchtipp:Petra Reski "Als ich einmal in den Canal Grande fiel: Vom Leben in Venedig | Das ungeschönte Porträt der schönsten Stadt der Welt"https://www.amazon.de/Als-einmal-Canal-Grande-fiel/dp/3426278464/ref=sr_1_1?crid=2Q7IZAITCJNAA&keywords=als+ich+einmal+in+den+canal+grande+fiel&qid=1642673384&sprefix=als+i%2Caps%2C173&sr=8-1