Geboren, aufgewachsen, wahlbeheimatet - die Identitäten von Dr. Anna Gvelesiani. Im Gespräch mit unserer Kollegin in Paris

WELTWEIT - Ein Podcast von Katrin und Mareike reden mit Gästen rund um den Globus

Wenn Anna Gvelesiani georgische Folklore hört, zucken ihre gleichaltrigen Freunde, die in Georgien aufgewachsen sind und leben, zusammen. Die Musik ist von gestern, Annas Generation hört andere Sounds. Die Entwicklung von der Folklore zum Rap in Georgien hat Anna verpasst. Sie ist mit vier Jahren nach Deutschland gekommen. Georgien hat in ihrer Kindheit nur durch die spärlichen Schilderungen ihrer Eltern existiert. Georgisch spricht sie gut, aber nicht so gut wie Deutsch. Es ist die Sprache, die ihr ohne Umweg übers Gehirn direkt ins Herz geht, aber auch die Sprache, in der ihr die Worte fehlen, wenn es emotional hoch hergeht. Da Sprache nun aber ein entscheidendes Element der Identitätsbildung ist, unsere soziale Identität sich überhaupt erst durch den Gebrauch von Sprache innerhalb unseres Umfelds formt, heißt das, dass durch Anna Gvelesianis Identität ein Riss geht. Auf der einen Seite ist ihre Muttersprache, die aber andererseits zugunsten der deutschen Sprache von ihren Eltern unterdrückt, zumindest nicht gefördert worden ist, damit das Kind keine Nachteile erleiden und sich in der deutschen Gesellschaft einfügen würde. Über diesen Riss hat Anna einen Artikel geschrieben, “Mothers, Daughters and Language”, in dem sie den Prozess ihrer Bewusstwerdung beschreibt und eigene Erfahrungen mit soziologischen Beobachtungen verknüpft. Auch dass sie heute wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Paris 8 ist, kann nicht unabhängig von ihrer georgischen Herkunft gesehen werden. Französischkenntnisse hoben den Adel im russischen Zarenreich von anderen Schichten ab. Annas Mutter hat selbst Französisch studiert und so geisterte Frankreich als Sehnsuchtsland durch das Familienleben. Anna hat einen binationalen Studiengang absolviert und an der Sorbonne promoviert. Das wissenschaftliche Niveau an der Eliteuni fasziniert sie. An der Universität Paris 8 unterrichtet sie Deutsch, das derzeit in Frankreich allerdings an Bedeutung verliert. Spaziergänge durch das malerische Paris sind für sie Realität geworden. Das Handwerkszeug, das sie durch ihre wissenschaftliche Arbeit erworben hat,  benutzt sie heute dafür, gesellschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.Als Teenager ist sie auf eigene Initiative nach Georgien gereist und hat sich mit der Kultur vertraut gemacht. Heute trägt sie beide Identitäten in sich und bewegt sich zwischen ihnen hin und her. Ein Highlight: In Paris hat ein georgisches Restaurant aufgemacht. Sie spielen dort auch Folklore. Teilt eure Gedanken zu Annas Geschichte mit uns. Folgt uns auf Instagram @weltweit_podcast und abonniert unsere Webseite. weltweitpodcast.wordpress.comAnnas Buchtipps: Françoise Vergès – Dekolonialer Feminismus, 2020Gaël Faye – Kleines Land, München 2017Auberginen mit Walnussfüllung2 große Auberginen, 100 g Walnüsse, ½ kleine Zwiebel (mild), 2 Knoblauchzehen, ½ Granatapfel, 1 TL Paprikapulver, ½ TL Chilipulver, ½ TL Kreuzkümmel, 2 EL Olivenöl, 1 EL Apfelessig oder anderer weißer Essig, Koriandergrün, SalzAuberginen in Scheiben schneiden, salzen, 10" zur Seite stellenAuberginenscheiben mit Olivenöl bepinseln, im Backofen bei 200 Grad  röstenfür die Füllung Knoblauch, Zwiebel, Koriander, Walnüsse, Gewürze, Essig und Olivenöl im Blender (Vitamix) cremig rührenPaste auf Auberginenscheiben streichen, Granatapfelkerne aufstreuen und aufrollenmit Koriander und Granatapfelkernen dekorieren