E52: Welche Chancen bietet die Digitalisierung für ein mittelständisches Chemieunternehmen? – Arnold Mergell (Hobum Oleochemicals)

SoftwareForFuture PODCAST Made by Lionizers - Ein Podcast von Nils & Friederike Löwe: Software-Engineers, Entrepreneurs, Digital Natives

Produkte, Prozesse, Wertschöpfungsketten und weiche Faktoren – das sind die vier Bereiche, auf die sich die Digitalisierung laut Arnold Mergell auswirkt. Mergell ist Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden und geschäftsführender Gesellschafter der Hobum Oleochemicals, ein Hamburger Familienunternehmen in vierter Generation, das auf die Herstellung von Lacken und Farben sowie Kunst- und Klebstoffen für Industriekunden spezialisiert ist. Mergell kommt somit aus einer Branche, die bislang kaum von der Digitalisierung betroffen war. Dennoch setzen sich sein Team und er seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema auseinander. Denn Mergell ist überzeugt: Die Digitalisierung birgt auch für Branchen, deren Produkte sich nicht digitalisieren lassen, ein enormes Potenzial. Im Interview mit Nils führt er anhand von zahlreichen Beispielen aus, wie sich Wettbewerbsvorteile auf- und ausbauen, Prozesse vereinfachen und Wertschöpfungsketten optimieren lassen – und das, ohne dass die Mitarbeiter um ihren Job fürchten müssen. Auswählen aus den Möglichkeiten Die eine Digitalisierungsstrategie, die allen Unternehmen hilft, gibt es laut Mergell nicht. Vielmehr müsse sich jede Firma eine eigene Strategie zurechtlegen, ist Mergell überzeugt und vergleicht die Strategieentwicklung mit dem Einkauf im Supermarkt. Dabei wähle man ja auch aus vielen verschiedenen Angeboten aus und stelle sich den Warenkorb so zusammen, dass er zu einem passe. Trotz der individuellen Unterschiede erkennt Mergell aber durchaus Gemeinsamkeiten, was die übergeordneten Handlungsfelder betrifft. Alles in allem macht er vier Bereiche aus, die jedes Unternehmen mit Blick auf die Digitalisierung genau prüfen solle: Produkte, Prozesse, Wertschöpfungsketten und weiche Faktoren. Nicht alles lässt sich digitalisieren Fest steht dabei aber auch: Nicht alle Bereiche können in allen Branchen und Unternehmen digitalisiert werden. Mergells Firma Hobum ist dafür das beste Beispiel: Die Lacken und Farben lassen sich schlicht nicht digitalisieren. Es sind extrem langlebige Produkte, die zum Teil schon seit Jahrzehnten genauso auf dem Markt sind und die voraussichtlich auch noch in vielen Jahren genauso angeboten werden. Eine Digitalisierung ist hier schlicht nicht möglich. Mehr Effizienz durch die Automatisierung von Prozessen Ganz anders sieht es im zweiten Bereich, der Prozesstechnologie, aus. Die Produkte der Hobum werden im sogenannten Batchprozess hergestellt. Das heißt, die einzelnen Herstellungsschritte werden streng nacheinander abgearbeitet, vergleichbar mit dem Kochen nach Rezept mit einem Thermomix. Mit Hilfe der Digitalisierung könnte dieser Prozess künftig noch stärker automatisiert werden. Das wird deutlich, wenn man sich den konkreten Ablauf der Qualitätssicherung anschaut: So müssen nicht nur die Endprodukte, sondern auch die Zwischenprodukte immer wieder analysiert werden. Dafür muss der Reaktor zum Stillstand gebracht werden und abkühlen – wobei es sich um Ausgangstemperaturen von bis zu 300 Grad handeln kann. Anschließend wird eine Probe gezogen und in einem separaten Labor festgestellt, ob diese in Ordnung ist. Erst dann kann der Reaktor wieder aufgeheizt und der Prozess fortgesetzt werden. Der ganze Prozess dauert viele Stunden und ist sehr aufwändig. Über eine digitale Echtzeit-Analyse könnte die Qualitätssicherung künftig automatisiert und das Verfahren erheblich kosten-, energie- und zeiteffizienter gestaltet werden. Dabei könnte die Charge, die sich gerade in der Herstellung befindet, nicht nur durch Sensoren im Reaktor in Echtzeit überprüft werden. Die Charge könnte bei Bedarf sogar direkt nachgebessert werden, etwa indem fehlende Rohstoffe hinzugefügt oder die Herstellungstemperaturen angepasst werden. Reibungsloser Ablauf der Supply Chain Auch im dritten Bereich, dem Thema Wertschöpfungsketten, könnte die Digitalisierung in Zukunft bei Hobum effektiv genutzt...