Preußisches Schloss

http://www.architektur-podcast.de/wp-content/uploads/2014/07/Preussisches-Schloss.mp3 Audio-Podcast: 7:51 min Kennen Sie… das preußische Schloss? Schlicht, sachlich, zig Fenster und fast ein eigenes Karree auf dem Weg vom Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt: Das imposante Verwaltungsgebäude der ehemaligen Trierer Reichsbahndirektion verbirgt hinter seiner monumentalen Fassade unerwartete Details. Mit mehr als 300 Räumen zählt das Anwesen zu den größten Immobilien der Stadt. Im Keller des in den Zwanziger Jahren errichteten Gebäudes wütete einst die Gestapo und folterte Gegner des NS-Regimes. Heute residiert hier unter anderem das Mehrgenerationenhaus, in dem gleich mehrere Verbände und Einrichtungen ihren Sitz haben, Platz ist außerdem für ein Café und weitere Institutionen. Deutschland – Behördenland. Das Vorurteil wurde in einer Zeit geboren, als die preußische Regierung Verwaltungsbauten errichten ließ, die an die Schlösser aus früheren Jahrhunderten erinnern. Hier wurde verwaltet, bilanziert und auf den Weg gebracht, was den Freistaat Preußen wirtschaftlich erfolgreich machte. In Trier war vor allem die Anbindung an das Eisenbahnnetz entscheidend für den Aufschwung und die Entwicklung der Stadt nach dem Ersten Weltkrieg. Schon seit 1914 waren die Verbindungen in den Westen und Süden gut ausgebaut, als Station zwischen dem Ruhrgebiet und Frankreich wurde Trier zum belebten Standort für Gewerbe und Handel. Nach dem Weltkrieg war Trier für ein gutes halbes Jahr Sitz der Zentraleisenbahndirektion, welche die Erlasse der linksrheinischen Eisenbahndirektionen Köln und Saarbrücken verwaltete. Wenige Monate später wurde die Eisenbahndirektion Saarbrücken aufgelöst und nach Trier verlegt – samt 500 Mitarbeitern. Für dieses Team mussten Arbeitsplätze und Wohnungen geschaffen werden, die der Architekt, Regierungs- und Baurat Karl Albermann plante und in den Jahren 1922 bis 1925 errichtete. Eine Plakette, die an einen überdimensional großen Kronkorken erinnert, dokumentiert die Bauzeit an einem Nebeneingang in der Christophstraße. Die Reichseisenbahndirektion an der Ecke Balduinstraße/Christophstraße wurde Verwaltungsgebäude und Wohntrakt in einer Einheit. Als vierflügelige Anlage ist das Gebäude auf einem typischen Schlossgrundriss mit einem L-förmigen Anbau im Osten errichtet worden, der an der Balduinstraße die Wohnungen der preußischen Beamten beherbergte. Der Haupteingang, der ebenfalls in den Anbau führt, ist mit Fassadenschmuck und vorgelagerten Balkonen ausgewiesen. Diese Asymmetrie zeigt, dass der Architekt bewusst von den historistischen Architekturformen der Gründerzeit Abstand genommen hat. Von außen ist das Gebäude schlicht gehalten. Auf einem Erdgeschoss mit gedrungen wirkenden rundbogigen Arkadengängen an den Straßenseiten erheben sich drei Stockwerke mit eher kleinen einfachen Sprossenfenstern. Der mit wenigen Stufen etwas erhöhte Eingangsbereich ist ebenfalls mit Rundbögen gekennzeichnet und über einen dreieckigen Vorplatz zu erreichen. Das Schlichte war so gewollt, wie die Urkunde zur Grundsteinlegung verrät, die Karl-August Heise in seinem Buch “Die alte Stadt und die neue Zeit” zitiert: “…soll ein Bau errichtet werden, in einfachsten Formen, welche auch nach außen erkennen lassen, daß unser Vaterland durch das Friedensdiktat von Versailles arm geworden ist”. Einziger “Schmuck” ist das von zwei barbusigen Damen flankierte Wappen mit den Initialen RBDT für Reichsbahndirektion Trier, welches im Detail expressionistische Zickzacklinien aufweist. Begleitet wird das Wappen beidseitig von jeweils zwei Medaillons, unter anderem mit Tier- und Pflanzenmotiven. Aussagekräftiger sind die Medaillons an dem Gebäudeflügel, der mit seiner Schmalseite Richtung Balduinstraße weist.

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Mit den Architektur-Podcasts lässt sich Architektur und Stadtentwicklung in Trier unmittelbar vor Ort entdecken. Hören Sie den mehrminütige Beitrag, während ihr Blick über die Architektur schweifen und auf Details verweilen kann. Lernen Sie Trier neu kennen! Die Architekturessays und Perlen des Städtebaus präsentiert die Kunthistorikerin und Redakteurin Bettina Leuchtenberg. Sie geht kleinsten Hinweisen nach, die sie in Gesprächen oder der Literatur entdeckt und findet bei der näheren Betrachtung immer wieder Details und Unverhersehbares, was die steinernen Zeugnisse der Vergangenheit in aktuelle Bezüge setzten und den Blick schärfen.