Porta Nigra von Trier Süd

http://www.architektur-podcast.de/wp-content/uploads/2014/07/Porta-Nigra-von-Trier-Sued.mp3 Audio-Podcst: 7:51 min Kennen Sie… die “Porta Nigra” von Trier-Süd? Mit der rasanten Vergrößerung der Stadt Trier verloren die mittelalterlichen Stadtmauern im Laufe des 19. Jahrhunderts so sehr an Bedeutung, dass sie bis zur Jahrhundertwende abgerissen wurden. An dem auf deren Fundamenten angelegten Alleenring steht nicht nur das einzig übrig gebliebene römische Stadttor, sondern im Süden auch eine ganz ähnliche Architektur, die zwar nur mehr als 100 Jahre alt, aber in ihrer Art in Trier einmalig ist. Bei einem Spaziergang an der Südallee Richtung Stadtbad geht ein Mann mit einem Kind an der Hand vor mir her, welches laut fragt “Ist das die Porta Nigra?”. Ich schaue in die gleiche Richtung wie die beiden vor mir und verstehe die Assoziation des Jungen sofort. Das Doppelhaus mit den beiden rund herauskragenden rundlichen Erkern, den beiden mittigen Torbögen und den vielen Fensteröffnungen weist die gleichen Charakteristika auf, wie das nördliche Tor der römischen Augusta Treverorum aus dem Ende des 2. Jahrhunderts. Die steinsichtigen Fassaden mit den grob behauenen Steinquadern sind sich einfach zu ähnlich. Beim zweiten Blick auf das imposante Bauwerk, das in einer geschlossen bebauten Reihe zwischen historistischen Wohngebäuden steht, wird besonders deutlich, wie sehr sich das Haus von den danebenliegenden Gebäuden unterscheidet. Es wirkt durch seine Breite und Dunkelheit besonders mächtig, ja beinahe archaisch zwischen den hell verputzten und teilweise mit filigranen Jugendstilornamenten oder farblich abgesetzten Simsen verzierten Fassaden. Gebaut hat es der Trierer Architekt Peter Marx (1871-1958) im Jahr 1900. Bereits 1788 wird die Allee – damals als Nußbaumallee – außerhalb der Stadtmauer angelegt, welche durch die Stadterweiterung Triers zu einem Straßenzug mit Gewerbe, Gerbereien und Wohnhäusern bis hin zur Mosel ausgebaut wird. Die ersten Gebäude entstehen hier in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Erst gegen Ende des Jahrhunderts beginnt der Bau von Villen entlang der wie heute von Bäumen gesäumten Straße. Die Denkmaltopographie der Stadt Trier verweist beispielsweise auf die Villa Schaab, die in den 60er Jahren für den Bau des Polizeipräsidiums abgerissen wurde. Mit dem Steinbau von Marx ist eine der wenigen Villen aus dieser Zeit erhalten geblieben. Es ist eines der ersten Werke, die Peter Marx direkt zu Beginn seiner Zeit als selbstständiger Architekt in Trier baut. 1900 gründet er nach dem Studium an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg in seiner Heimatstadt sein eigenes Architekturbüro. Der aus einer Tuchfabrikantenfamilie stammende Marx hat vorher schon eine Ausbildung zum Bautechniker gemacht und einige Zeit in Köln und Brüssel gearbeitet. Zwei Jahre lang, 1894 und 1895, verbringt er in New York und lernt dort die neuen Techniken im Beton- und Stahlbau kennen. Studienreisen führen ihn nach Italien, Frankreich, Schottland und England. Man darf davon ausgehen, dass er sich in internationaler zeitgenössischer Architektur bestens auskennt und seine Selbstständigkeit mit einem großen Erfahrungsschatz beginnt. So extravagant das Haus in der Südallee heute erscheint, so modern war es in seiner Bauzeit. Um 1900 wird historistisch gebaut, sowohl bei öffentlichen Gebäuden, Kirchen aber auch Wohnhäusern und Villen. Die Architekten greifen auf dagewesene Stilformen zurück. So entstehen in ganz Preußen beispielsweise zahlreiche neogotische Kirchen oder im Renaissancestil gestaltete öffentliche Gebäude. Die Verwaltungen, Kirchen und Grundbesitzer bauen Gebäude, die entweder ihre Macht und Wichtigkeit darstellen sollen oder im Privaten stolz das Selbstverständnis des Bürgertums präsentieren.

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Mit den Architektur-Podcasts lässt sich Architektur und Stadtentwicklung in Trier unmittelbar vor Ort entdecken. Hören Sie den mehrminütige Beitrag, während ihr Blick über die Architektur schweifen und auf Details verweilen kann. Lernen Sie Trier neu kennen! Die Architekturessays und Perlen des Städtebaus präsentiert die Kunthistorikerin und Redakteurin Bettina Leuchtenberg. Sie geht kleinsten Hinweisen nach, die sie in Gesprächen oder der Literatur entdeckt und findet bei der näheren Betrachtung immer wieder Details und Unverhersehbares, was die steinernen Zeugnisse der Vergangenheit in aktuelle Bezüge setzten und den Blick schärfen.