Uta Ranke-Heinemann (1927–2021)
Frauenleben. Inspirierende Frauen und ihre Zeit. - Ein Podcast von Petra Hucke & Susanne Popp
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Die Kirchenkritikerin Uta Ranke-Heinemann erhielt 1970 weltweit als erste Frau einen Lehrstuhl für katholische Theologie und verlor ihn 1987 wieder, weil sie die Jungfrauengeburt in Frage stellte. *** Das Elternhaus von Uta Ranke-Heinemann Uta Ranke-Heinemann wuchs in den ersten Jahren sehr behütet auf, bis ihre Kindheit vom zweiten Weltkrieg überschattet wurde. Ihre Mutter Hilda hatte evangelische Theologie studiert, ihr Leben widmete sie der Erziehung ihrer vier Kinder. Utas Vater Gustav Heinemann war zunächst eher atheistisch eingestellt, bei der Eheschließung musste er dem Schwiegervater sogar noch versprechen, seine Frau niemals am Kirchgang zu hindern. Erst drei Jahre nach der Trauung vollzieht er seine Wandlung zum gläubigen und sozial sehr engagierten Protestanten. Gustav Heinemann in jungen Jahren mit seiner Frau Hilda und seinen vier Kindern (etwa 1931). Bildrechte: unbekannt Das Kind Uta ist sehr begabt, mit sechs Jahren kennt sie mehrere Kinderbücher auswendig und mit acht Jahren kann sie zweistellige Zahlen im Kopf multiplizieren. Ausgesprochen prägend dürften auch die starken Pflicht- und Ehrvorstellungen beider Eltern gewesen sein. Utas Ehrgeiz ist allerdings so groß, dass der Vater ihr, um sie zu bremsen, für jede „Vier“ vier Groschen in die Sparbüchse steckt, für jede „Eins“ gibt es dagegen nur einen Groschen. Bomben auf Essen 1940 erlebt die Familie die erste Bombennacht – die Kinder werden daraufhin zu den Großeltern außerhalb von Essen umgesiedelt, wo sie auch die Schule besuchen. 1943 muss die gesamte Familie aus der Villa in Essen in eine Wohnung im Nachbarort fliehen. Die Mutter unterrichtet Uta selbst in Latein, später kommt Privatunterricht in Griechisch hinzu. Es fällt auf, wie schnell die Tochter alles begreift – und wie sehr sie ihre Lehrer auch immer wieder in Diskussionen verstrickt. Uta sieht man nie ohne ein Buch in der Hand, der Leseeifer wird den Eltern unheimlich. Nachdem 1944 auch das Ausweichquartier von Bomben getroffen wird, wird Uta nach Marburg geschickt, wo die Mutter studiert und ihr Examen abgelegt hat. Sie wohnt dort bei deren ehemaligem Professor Rudolf Bultmann. Foto: Stuart Mentiply, Wolfsburg (Wikipedia) Schülerin auf einem Jungen-Gymnasium Nach Kriegsende zieht die Familie zurück in das wieder hergerichtete Haus in Essen. Es sind schwierige Zeiten, die Familie leidet Not, was auch an der moralischen Einstellung des Vaters liegt, der sich weigert, eine Sonderstellung für sich und seine Familie in Anspruch zu nehmen. Uta wird als einzigem Mädchen der Besuch des Burggymnasiums, einer reinen Jungenschule, gestattet. Dort lernt sie ihren Mitschüler Edmund Ranke kennen – eine Kriegswaise – in den sie sich verliebt, weil er so schön Homer aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzen kann, obwohl er nicht einmal ein eigenes Buch besitzt. Sie nimmt Privatstunden in Geschichte, griechischer Philosophie und Romanliteratur. Es ängstigt die Mutter, dass Uta so rastlos lernbegierig ist und die schönen Dinge des Lebens ignoriert. In ihrem Tagebuch, in dem sie die Gedanken über ihre Tochter festhält, notiert sie: „Du kannst nicht vor blühenden Wiesen mit Entzücken stehen bleiben, weil du immer irgendwie in Gedanken bist“. Im selben Tagebuch steht auch der Satz: „Du hast ein starkes Wissen um das Leid in der Welt“. Uta Ranke-Heinemann sagt sechs Jahrzehnte später selbst, dass sie in ihrem Leben nicht eine einzige Stunde mit Nichtstun verbracht habe. Eine Rastlosigkeit, die schon früh zu Schlafstörungen führt, die sie eine Zeitlang versucht, mit Medikamenten zu bekämpfen, wovon sie aber wieder abkommt.