Maria Sibylla Merian (1647–1717)

Frauenleben. Inspirierende Frauen und ihre Zeit. - Ein Podcast von Petra Hucke & Susanne Popp

Maria Sibylla Merian war Malerin und Insektenforscherin – in einer Zeit, in der Frauen in den Wissenschaften nichts zu suchen hatten und Insekten als Teufelsbrut galten. *** Ihr Nachname ist bekannt: Maria Sibyllas Vater war Matthäus Merian der Ältere (1593–1650), Schweizer Kupferstecher und Verleger, der bis heute für seine Städteansichten, Landkarten und Chroniken bekannt ist. Das Haus Merian war einer der größten europäischen Verlage, ansässig in Frankfurt am Main, das auch damals schon als Zentrum des Buch- und Verlagswesens galt. Sogar zweimal jährlich fand eine geschäftige Buchmesse statt. Matthäus Merian der Ältere Kindheit mit Puffärmelchen Maria Sibylla wird am 2. April 1647 geboren. Der Dreißigjährige Krieg neigt sich doch endlich dem Ende zu. Die Hälfte der Bevölkerung ist tot, Seuchen toben durch Deutschland, die Überlebenden hungern. Angeblich kommt es sogar zu Fällen von Kannibalismus. Menschen strömen in die Städte in der Hoffnung auf Arbeit. Gleichzeitig breitet sich der Pietismus aus, eine mystisch-erbauliche, schwärmerische Strömung, die auf Verinnerlichung setzt und das Urchristentum wiederherstellen möchte. Seit 1645 ist Johanna Sibylla Heim die zweite Frau des Matthäus Merian. Sie gilt als tugendsam, fromm und in Gelddingen kompetent. Maria Sibylla hat ältere Halbgeschwister, unter anderem Matthäus den Jüngeren (1621 geboren) und Caspar (1627), die nach dem Tod des Vaters den Verlag weiterführen. Matthäus der Ältere stirbt nämlich schon, als Maria Sibylla erst drei Jahre alt ist. Kurz zuvor soll er ausgerufen haben: Bin ich schon nicht mehr da, so wird man doch sagen: Das ist Merians Tochter. Eine schöne – und wahre – Prophezeiung. Sie gilt als sein Lieblingskind, und einem von Matthäus dem Jüngeren gemalten Familienporträt wird sie nachträglich hinzugefügt – anders als die griechisch gewandete Familie jedoch im zeitgenössischen Kleid mit Puffärmelchen. In den Armen hält sie den riesigen Kopf einer Laokoon-Statue aus dem Louvre, die aber angeblich nichts weiter zu bedeuten hat, als dass der Maler sagen wollte: Schaut her, ich war in Paris. Matthäus Merian d. J.: Familie des Künstlers Laut Matthäus dem Jüngeren ist Johanna eine „Stiefmutter wie sie im Buche steht“. Mit einem Blick auf seine Autobiografie lässt sich allerdings auch sagen, dass er nicht unbedingt der netteste aller Stiefsöhne war … Sie werden streng religiös erzogen, Arbeit gilt als die höchste Tugend, und somit hat Johanna wohl auch einfach keine Zeit, ihre Kinder zu verhätscheln. Ein neuer Stiefvater und eine unwiderstehliche Tulpe Nach dem Tod ihres Mannes bekommt sie von ihrem Stiefsohn widerwillig ein kleines Erbe ausbezahlt und zieht mit Maria Sibylla ins Stadtzentrum von Frankfurt, wo sie ein kleines Haus mietet. 1651 heiratet sie Jacob Morell (ein Mann mit vielen Schreibweisen), einen Blumenmaler mit Kontakten in die Niederlande,  wo gerade die Tulpenmanie wütet. Er richtet im Haus eine Werkstatt ein, die die kleine Maria Sibylla immer wieder anzieht. Selten geht sie ihren Bruder Caspar in der Druckerei des Verlages besuchen, ansonsten sind die Kontakte zur Familie Merian kaum noch vorhanden. Sie geht in die Schule – nicht selbstverständlich für Mädchen zu dieser Zeit, lernt Rechnen, Schreiben, Lesen, aber kein Latein, das für ihr frühes Interesse an den Naturwissenschaften eigentlich unabdingbar gewesen wäre. Denn Insekten haben es ihr angetan. Sie will sie allerdings nicht nur tot oder in Büchern studieren,