APL 071: Modewort Digitalisierung
Entscheidend besser | Georg Jocham - Ein Podcast von Georg Jocham
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Heute gibt’s den zweiten Teil der Sonder-Episoden zum Ein-Jahres-Jubiläum dieses Podcasts. Nochmals die Erinnerung: ich suche einen neuen Titel für diesen Podcast. Mehr dazu in Episode 70. Wer mir den besten Vorschlag schickt, den lade ich zu einem Interview ein, das ich hier im Podcast sende. Wenn Sie / wenn Du das spannend findest einfach die Episode 70 nachhören und Deinen Vorschlag an [email protected] schicken. Nachdem ich gestern das 1-jährige Jubiläum dieses Podcasts begangen habe, gibt es heute gleich das nächste Highlight. Heute ist nämlich das Interview live gegangen, das ich meinem geschätzten und verehrten Kollegen Bernd Geropp für seinen Podcast „Führung auf den Punkt gebracht“ gegeben habe. Dazu darf man wissen: „Führung auf den Punkt gebracht“ ist einer der größten Wirtschaftspodcasts im deutschsprachigen Raum, da bin ich also sehr stolz drauf und freue mich darüber. Wenn Sie / wenn Dich das Thema Führung interessiert, dann kann ich den Podcast von Bernd Geropp ausdrücklich empfehlen. Das heutige Zitat stammt von einem Interviewgast, den ich bald in diesem Podcast begrüßen darf, und zwar von Dr. Gerhard Wohland. Er sagt „Digitalisierung ist das aktuelle Modewort für Rationalisierung“ Digitalisierung ist ja heute omnipräsent. Viele Unternehmen geben Riesensummen aus, um beim Thema Digitalisierung dabei zu sein oder wenigstens nicht den Anschluss zu verlieren. Große Unternehmen kaufen sich Start-Ups oder errichten eigene Inkubatoren, um nur ja an vorderster Front dabei zu sein. Aber was ist Digitalisierung eigentlich? Ich bin dazu auf einen Artikel von Gerhard Wohland gestoßen, in dem er das so treffend erklärt hat, wie ich das bisher noch nirgends gesehen oder gehört habe. Er sagt: Das, was wir regelmäßig tun, um unsere begrenzten körperlichen oder geistigen Möglichkeiten, unsere körperlichen Schranken zu überwinden. Die Erfindung und der Einsatz von technischen Mitteln, das ist Rationalisierung. In diesem Sinne ist der Faustkeil, den unsere Vorfahren vor zehntausenden Jahren erfunden haben, um fester draufhauen zu können ohne sich zu verletzen, ein erster Schritt der Rationalisierung. Als weiteres Beispiel nennt Wohland die Dampfmaschine im Zuge der Industrialisierung. Die beschränkte Kraft und Ausdauer des menschlichen Körpers konnte damit überwunden werden. Ähnliches gilt für den Computer. Auch mit dem Computer begegnen wir der menschlichen Beschränktheit Zahlen in großer Menge und fehlerfrei verarbeiten zu können. Digitalisierung ist in diesem Sinne nichts anderes als der nächste Schritt der Rationalisierung. Man könnte dazu auch sagen „Rationalisierung durch Computertechnik“, das hört sich halt nicht so sexy an. Das vorherrschende Gefühl rund um den Begriff Digitalisierung, das ich in ganz vielen Unternehmen wahrnehme, ist die Angst den Anschluss zu verpassen. Alle wollen dabei sein. Gerhard Wohland stellt dem die wirklich erfolgreichen Firmen gegenüber, er nennt sie „Höchstleister“, und was diese Firmen tun. Diese Firmen kümmern sich nicht um Digitalisierung. Die machen etwas Anderes. Sie erkennen Probleme und lösen diese, Schritt für Schritt. Wenn man nämlich die Probleme erkennt und diese rasch genug löst, dann ist man immer vorne. Und wenn sich eines der aktuellen Probleme mit Computertechnik am besten lösen lässt, dann löst man es mit Computertechnik. Man macht es aber nicht, weil man einem Trend folgen will, oder weil man Angst hat etwas zu verpassen, sondern weil man damit ein konkretes Problem am besten löst. Dem gegenüber sind Modebegriffe wie Digitalisierung und Industrie 4.0 immer Lösungen für unbekannte Probleme. Man erkennt das konkrete Problem nicht, man hat nur ein ungutes Gefühl. Es gibt Probleme, man kann oder will sie aber nicht konkret benennen, also soll es die Digitalisierung richten. Wohland vergleicht die Digitalisierung mit einer Arznei, die die nicht gegen eine spezielle Krankheit hilft, sondern verspricht den Zustand allgemein zu verbessern. Quasi Universalmedizin. Der Begriff Digitalisierung wird als Lösung für ein Problem verkauft, das man noch gar nicht kennt. Oder als Lösung für ein Problem, das dann gar nicht erst auftauchen wird. Ich persönlich finde diesen Vergleich genial, und ich freue mich schon sehr auf das Interview mit Gerhard Wohland. Ich habe nämlich genau das beschriebene Phänomen schon mehrfach beobachtet. Digitalisierung um der Digitalisierung Willen. Wo sonst aufs Geld geschaut wird, ist es plötzlich abgeschafft, weil Digitalisierung auch was kosten darf. Ob die Digitalisierung auch irgendwann einen Nutzen stiftet, der darüber hinausgeht „nicht den Anschluss zu verpassen“, das steht nicht zur Diskussion. In diesem Sinne „Digitalisierung ist das aktuelle Modewort für Rationalisierung“ Es wäre halt gut zu wissen, welches Problem man lösen will. Dann erkennt man auch, ob Digitalisierung das geeignete Werkzeug ist.