"Gehen Sie aus Deutschland raus. Es wird sehr schwer für die Juden werden!" - #41 - Edith Sichel II

In dieser Folge geht es um das große Glück, das Ediths Familie widerfährt, als ein Mann sie vor dem warnt, was auf Jüdinnen und Juden zukommen wird. Daraufhin entschließen sich Ediths Eltern zur Flucht aus Nazideutschland. Erst geht der Vater aufs Schiff, später die Mutter, Edith und ihre drei Geschwister. Dieses mal geht es nicht nach Brasilien, sondern nach Argentinien und ein ungewohntes, völlig neues Leben beginnt ... In dieser Folge kommt neben Edith selbst auch Christina Igla von der Hamburger Stolperstein-Initiative zu Wort. Mit ihr war die Autorin von EIN STÜCK DEUTSCHLAND, Corinna Below, im Hamburger Staatsarchiv, um die sogenannten Wiedergutmachungsakten von Edith und ihrem Vater Kurt Brauer durchzuarbeiten. Die wichtigsten Dokumente aus beiden Akten haben befreundete Kolleg:innen vom NDR für EIN STÜCK DEUTSCHLAND eingesprochen, sodass auch sie zu hören sind. Sie geben zum Einen spannende Eiblicke in den Behörden-Jargon der Nachkriegszeit, zum anderen aber auch in das Leben im Exil im Norden Argentiniens, von dem die Briefe an das Hamburger Sozialamt Ende der 1950er Jahre berichten. So erfahren wir einiges über das Leben in der jüdischen Siedlung Moisesville. Hier versuchen die Eltern von Edith, Martha und Kurt, mithilfe der Kinder, Landwirtschaft zu betreiben. Das Leben auf dem Land ist ungewohnt und mühsam. Auch Edith muss helfen. Sie kann nur drei weitere Jahre zur Schule gehen. Die weiterführende Schule ist zu weit weg. Für die Fahrt fehlt den Eltern das Geld. Edith kann keinen Schulabschluss machen. Eine Ausbildung zur Modistin oder Schneiderin bleibt ihr verwehrt. Wird sie dafür eine finanzielle Wiedergutmachung bekommen? Das erfahren die Hörer:innen in der nächsten Folge. Wir diskutieren außerdem, wie der Begriff der Widergutmachung zu verstehen ist, wie er gemeint war und wie wir ihn heute empfinden.

Om Podcasten

"Wir können doch nichts dafür. Deutsch ist und bleibt unsere Muttersprache." In San Miguel, einem Ort nördlich von Buenos Aires, steht das Hogar Adolfo Hirsch, das Altenheim der Deutsch sprechenden Juden Argentiniens. Ungefähr 170 alte Menschen leben hier, inmitten eines großzügigen blühenden Parkgeländes. Alle sind Einwanderer der ersten Generation. Sie sind in Deutschland, Österreich oder Ungarn geboren und ihre Lebensgeschichten sind bis heute eng mit Deutschland verknüpft, mit dem Deutschland der Nazizeit. Wir haben 49 von ihnen besucht, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Einige haben wir in ihren Zimmern aufgesucht, andere im Park getroffen oder in der Stadt. Hier erzählen 49 Männer und Frauen von ihrer Emigrationsgeschichte, ihrem Verhältnis zu Argentinien und ob sie je darüber nachgedacht haben, wieder in Deutschland zu leben. Die Initiatorin des Projektes, Corinna Below (Journalistin) spricht in diesem Podcast mit ihrem Freund und Kollegen Carsten Janz über die Schicksale der Vertriebenen. Dazu sind Gäste geladen, Experten aber auch Verwandte oder Zeitzeugen. Und auch aktuelle politische Entwicklungen werden hier besprochen. Gegen das Vergessen.