"Die sind alle umgekommen." - #31ESD - Ruth Goldschmidt II

1938 beschließt Familie Fleischmann, nun auch aus Holland auszuwandern. Sechs Jahre hatten sie hier gelebt. Schmerzlich war, dass sich Oma Bella weigerte, die lange Reise auf sich zu nehmen. Sie beschloss, in Holland zu bleiben und zog in ein jüdisches Altenheim. Ruth ist mittlerweile 10 Jahre alt und erinnert sich gut, wie sie sich von ihrer Oma verabschieden musste. Als sie das 2004 im Interview erzählt hat, stehen ihr die Tränen in den Augen. Ihre Tante, Pianistin und Musiklehrerin, ist zu diesem Zeit immer noch in Hamburg. Sie hat längst ihre Arbeit am Konservatorium verloren. Sie arbeitet fortan in einem jüdischen Kinderheim, begleitet Kindertransporte nach England bis sie 1939 selbst nach England flieht. Die Familie von Ruths Mutter in Hamburg ist groß. Sie kommen alle ums Leben. Vieles habe ich, Corinna Below, Ruth Goldschmidt 2004 nicht gefragt. Wie hießen ihre Eltern? Wann genau ist ihr Geburtsdatum? Wann genau sind sie ausgewandert? Auch in dieser Folge kommt Christina Igla vom „Arbeitskreis Stolpersteine und jüdisches Leben“ der Hauptkirche St Nikolai am Klosterstern in Hamburg-Eppendorf zu Wort. Sie recherchiert sei 11 Jahren die Geschichten hinter den Namen der deportierten jüdischen Haburger:innen. Sie hat eine dicke Akte zu Ruth Goldschmidts Familie gefunden und konnte mithilfe der Dokumente einige meiner Fragen beantworten. Die in der Shoah getöteten Verwandten von Ruth haben in den vergangenen Jahren bereits Stolpersteine bekommen. Auch davon erzählt diese Folge. Es geht aber auch um Ruths Neubeginn in Argentinien und ihrer späteren Rückkehr als ehemalige Hamburgerin, eingeladen vom Besucherprogramm der Hamburger Senatskanzlei. Erst wollte sie nicht fahren, doch dann erlebt sie eine wunderbare Zeit. Doch als sie dann dort ist, erlebt sie eine wunderbare Zeit. „Ich habe nur wenige Menschen in meinem Leben kennen gelernt, die so gut und so interessant waren.“ Diese Reise bringt ihr auch ihre frühen Kindheitserinnerungen zurück, den Teil ihres Lebens, den sie verloren glaubte. „Und wirklich,“ sagt sie und lacht, „als wir weggefahren sind, habe ich geweint, weil ich gerne noch dort geblieben wäre.“

Om Podcasten

"Wir können doch nichts dafür. Deutsch ist und bleibt unsere Muttersprache." In San Miguel, einem Ort nördlich von Buenos Aires, steht das Hogar Adolfo Hirsch, das Altenheim der Deutsch sprechenden Juden Argentiniens. Ungefähr 170 alte Menschen leben hier, inmitten eines großzügigen blühenden Parkgeländes. Alle sind Einwanderer der ersten Generation. Sie sind in Deutschland, Österreich oder Ungarn geboren und ihre Lebensgeschichten sind bis heute eng mit Deutschland verknüpft, mit dem Deutschland der Nazizeit. Wir haben 49 von ihnen besucht, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Einige haben wir in ihren Zimmern aufgesucht, andere im Park getroffen oder in der Stadt. Hier erzählen 49 Männer und Frauen von ihrer Emigrationsgeschichte, ihrem Verhältnis zu Argentinien und ob sie je darüber nachgedacht haben, wieder in Deutschland zu leben. Die Initiatorin des Projektes, Corinna Below (Journalistin) spricht in diesem Podcast mit ihrem Freund und Kollegen Carsten Janz über die Schicksale der Vertriebenen. Dazu sind Gäste geladen, Experten aber auch Verwandte oder Zeitzeugen. Und auch aktuelle politische Entwicklungen werden hier besprochen. Gegen das Vergessen.