„Die hatten noch nicht mal Geld zum Essen gehabt.“ - #35ESD - Edith Nassau III

Zwei Monate war Edith mit ihren Eltern unterwegs gewesen, bevor sie nach viel Angst und Ungewissheit endlich im Hafen von Buenos Aires Anfang Oktober 1939 ankamen. Begrüßt von der ICA, der Jewish Colonisation Association kamen sie zunächst in einer Pension unter, bevor sie mit dem Zug nach Entre Ríos fuhren, aufs Camp, um dort ein neues Leben zu beginnen. Doch das Leben auf dem Land nördlich der Provinz Buenos Aires, ist viel härter, als siech die Kaufmannsfamilie hätte vorstellen können. Edith und die anderen Mädchen gehen nach Buenos Aires, um dort als Hausmädchen zu arbeiten. Sie alle schicken Geld aufs Camp. Denn die Eltern hatten noch nicht mal Geld, um Essen zu kaufen. Sie geht aus Sehnsucht bald zurück aufs Camp und heiratet dort Dieter Nassau, ebenfalls Flüchtling, ebenfalls aus dem Ruhrpott, ein Dortmunder. Sie gehen zusammen nach Buenos Aires und bekommen zwei Kinder. In dieser Folge geht es um den Neuanfang von Edith in der Fremde. Das neue Leben hält ein paar Rückschläge und Schicksalsschläge bereit. Dennoch verliert sie nie den Mut und die Zuversicht. Wir kehren in dieser Folge auch zurück nach Lünen Mitte Juni 2022. Wir sind ei der Stolpersteinverlegung für Edith und ihre Eltern dabei. Wir hören den Bürgermeister, den Initiator der Stolpersteininitiative Gunter Demnig, Udo Kath und Gisela Sons von der Lüner Stolpersteininitiative, drei Stolperstein-Pat:innen. Wir hören aber auch die Tochter von Edith, Marianna und Ediths Schwiegersohn Jorge. Marianna erzählt, wie sehr es sie berührt, dass ihre Familie jetzt Stolpersteine in Lünen hat und Jorge stellt sich vor, wie Edith nach ihrem Tod 2015 zusammen mit Dieter im Himmel sitzt und Hering isst. Den hat sich nämlich sehr geliebt.

Om Podcasten

"Wir können doch nichts dafür. Deutsch ist und bleibt unsere Muttersprache." In San Miguel, einem Ort nördlich von Buenos Aires, steht das Hogar Adolfo Hirsch, das Altenheim der Deutsch sprechenden Juden Argentiniens. Ungefähr 170 alte Menschen leben hier, inmitten eines großzügigen blühenden Parkgeländes. Alle sind Einwanderer der ersten Generation. Sie sind in Deutschland, Österreich oder Ungarn geboren und ihre Lebensgeschichten sind bis heute eng mit Deutschland verknüpft, mit dem Deutschland der Nazizeit. Wir haben 49 von ihnen besucht, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Einige haben wir in ihren Zimmern aufgesucht, andere im Park getroffen oder in der Stadt. Hier erzählen 49 Männer und Frauen von ihrer Emigrationsgeschichte, ihrem Verhältnis zu Argentinien und ob sie je darüber nachgedacht haben, wieder in Deutschland zu leben. Die Initiatorin des Projektes, Corinna Below (Journalistin) spricht in diesem Podcast mit ihrem Freund und Kollegen Carsten Janz über die Schicksale der Vertriebenen. Dazu sind Gäste geladen, Experten aber auch Verwandte oder Zeitzeugen. Und auch aktuelle politische Entwicklungen werden hier besprochen. Gegen das Vergessen.