Episode 048: Die Liebe der Jeanne Ney, 1927
Ein Filmarchiv - Ein Podcast von Brockmann & Ecke
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G.W. Pabst Literaturverfilmung beginnt auf der Krim, die im Laufe der ersten Minuten von der Roten Armee besetzt wird. Dort liebt die titelgebende Jeanne (Édith Jéhanne), Tochter eines französischen Auslandskorrespondenten und damit Kapitalisten, den jungen Bolschewik Andreas (Uno Henning). Als ihr Vater in Notwehr erschossen und Odessa von den Revolutionstruppen übernommen wurde, flieht sie zurück nach Paris. Andreas folgt, um im Untergrund auch Frankreich auf die Revolution vorzubereiten: DIE LIEBE DER JEANNE NEY klingt wie ein Melodram, aber Regisseur G.W. Pabst nutzt dessen Regeln, um uns und die Zensur davon abzulenken, dass hier im Rahmen großen Attraktionskinos vor allem politische Optionen verhandelt werden. Dabei wird schnell klar, dass Pabst zu einer Verbrüderung zwischen Bürgertum und Kommunismus aufruft, denn seine Welt des Kapitalismus ist einer der reinen Unterdrückung und Gewalt gegen Arme, Frauen und andere Schwache der Gesellschaft. Dabei schafft es der Film, ein ganzes Füllhorn visueller Optionen auszuschütten, sich schlafwandlerisch zwischen sowjetischem Montagekino, deutschem Expressionismus und melodramatischer Genremotivik zu bewegen, dabei die Grenzen der Kameraarbeit auszuloten und brillante filmische Optionen im Minutentakt zu erfinden. Gleichzeitig bleibt Pabst immer subversiv und etabliert von Sekunde 1 an eine doppelte Lesart, die aus heutiger Sicht politisch naiv wirken mag, aber in der Weimarer Republik, als in Berlin kommunistische und faschistische Kräfte ihre Politik und Weltsicht mit Gewalt auf die Straße brachten, war dies ein mutiger, hochintelligenter Film mit klarer Botschaft und durchaus detaillierten, ätzenden Abrechnung mit der aktuellen westeuropäischen Gesellschaft.