Werner Krauß über den Shylock
Auf den Tag genau - Ein Podcast von Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich
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Kaum ein zweiter deutscher Schauspieler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermochte das Publikum derart in seinen Bann zu ziehen wie Werner Krauß – aber auch kaum ein zweiter prominenter Schauspieler ließ sich vergleichbar krass und bereitwillig von den Nazis für ihre propagandistischen Zwecke instrumentalisieren wie eben jener Krauß. Nicht nur gehörte er als Staatsschauspieler und stellvertretender Präsident der Reichstheaterkammer zu den kulturellen Stützen des Regimes. Darüber hinaus wirkte er auch schamlos in schlimmsten Propagandastreifen mit, allen voran in gleich sechs prägenden Rollen in Veit Harlans Hetzfilm Jud Süß. Vor diesem Hintergrund ist kaum ein Vorbeikommen an unserem heutigen Fundstück aus dem 12-Uhr-Blatt vom 4. Mai 1923, in dem Krauß sich damals bereits just zu der Frage äußerte „Warum ich den Shylock spiele“. De facto geht es in dem Text dann freilich erst einmal grundsätzlich um die Haltung Kraußens zum damals noch jungen Medium Film. Dennoch wird man bei seinen kurzen Äußerungen zum Charakter des ‘Kaufmannes von Venedig‘, der nicht erst im Dritten Reich häufig als antisemitische Karikatur gegeben wurde (und den auch Krauß in einer diesbezüglich berüchtigten Inszenierung Lothar Müthels am Wiener Burgtheater 1943 als solche anlegte!), ganz genau hinhören. Es liest Paula Rosa Leu.