Ein neues Buch von Sigmund Freud

Auf den Tag genau - Ein Podcast von Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich

Zu den zahlreichen historischen Privilegien der Presse in den 1920er Jahren gehörte, dass sie neben vielen anderen epochalen Ereignissen immer wieder auch Neuerscheinungen eines gewissen Dr. Sigmund Freud aus Wien besprechen durfte. Dessen Grundlagenwerke Die Traumdeutung oder Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse waren vor einhundert Jahren zwar bereits längst veröffentlicht und gesellschaftlich rezipiert worden. Freud war jedoch ein äußerst fleißiger Denker und Schreiber, der beinahe im Jahresrhythmus seine Theorie vertiefende neue Studien nachlegte. 1921 war in diesem Zuge die Schrift Massenpsychologie und Ich-Analyse herausgekommen, die schon damals, äußerst prophetisch, die Verführbarkeit politischer Massen durch charismatische Führerfiguren unter die Lupe nahm. Wie unmittelbar biographisch ihn dieses Thema dereinst einholen würde, mochte Freud damals ebenso wenig geahnt haben, wie sein Rezensent in der Berliner Börsen-Zeitung vom 19. Januar 1922, Hanns Brodnitz – der sich anders als Freud nicht mehr rechtzeitig ins Exil retten konnte und 1944 von den Nazis in Auschwitz ermordet wurde. Es liest Frank Riede.