Bei den armen Fräuleins von Lichterfelde

Auf den Tag genau - Ein Podcast von Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich

Die immer schneller galoppierende Inflation des Jahres 1923, man kann es sich denken, fraß unersättlich nicht nur alle kleinen und mittleren Privatvermögen auf, sondern zehrte unbarmherzig auch das Kapital gemeinnütziger Stiftungen auf. Das sogenannte Rother-Stift – benannt nach einem gleichnamigen Minister unter König Friedrich Wilhelm III. – beherbergte seit 1840 unverheiratete Töchter preußischer Offiziere und Beamter und ermöglichte seinen Bewohnerinnen mittels einer kleinen Leibrente, auch ohne den damals üblichen ‘Ernährer‘, ein halbwegs sorgenfreies Leben. Damit war es nun vorbei, denn der kärgliche Zins, den das Stiftungskapital abwarf, reichte mittlerweile kaum mehr für eine Tasse Kaffee. Und zunehmend auch nicht mehr dafür, erfahren wir im Berliner Lokal-Anzeiger vom 25. März 1923, die Anlage im noblen Ortsteil Lichterfelde notdürftig in Schuss zu halten. Ein Bild von unerwarteter Armut hinter bürgerlicher Fassade macht sich für uns Paula Leu.