Angeklagt nach Paragraph 175

Auf den Tag genau - Ein Podcast von Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich

Seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1872 kannte das Reichsstrafgesetzbuch den Paragraphen 175, der sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter (teilweise drakonische) Strafe stellte. Alle Versuche aus dem linken politischen Spektrum, diesen abzuschaffen, scheiterten auch nach 1918 an den Mehrheitsverhältnissen im Reichstag. Zwar bewegte sich die Zahl der jährlichen Verurteilungen nach Paragraph 175 in Weimarer Zeit reichsweit ‘nur‘ im mittleren dreistelligen Bereich. Gerade mutige Aktivisten der jungen Schwulenbewegung wie der Herausgeber der Kunstzeitschrift „Der Eigene“ Adolf Brand lebten in ihrem Kampf für die Legalisierung der Homosexualität aber dennoch gefährlich und standen ständig mit einem Bein im Gefängnis. Zum Glück waren Brand und seine Anwälte rechtskundig und clever genug, um zu wissen, was sie vor Gericht sagen durften und was nicht. Die Berliner Volks-Zeitung vom 7. Januar 1922 hat es für die Nachwelt festgehalten, Paula Leu liest es uns vor.