Was bedeutet es, ein guter Arzt zu sein? | Mit Nickolas Miemietz

5 Minus - Ein Podcast von Dr. Laura Dalhaus - Mittwochs

Wie möchten wir eigentlich sterben? Was hilft uns, lange gesund zu bleiben? Und was läuft schief bei der ärztlichen Weiterbildung?Darüber spricht Dr. Laura Dahlhaus in der neuen Folge von „5 Minus – Das Gesundheitssystem verfehlt das Klassenziel“ mit Nickolas Miemietz, der aktuell im vierten Jahr seiner Facharztausbildung steckt – Zielrichtung: Innere Medizin.Neben seiner Weiterbildung arbeitet Nickolas auch regelmäßig als Notarzt und berichtet von der Realität der 24-Stunden-Dienste im Krankenhaus. Schlaf ist dabei meist Mangelware, denn auf den Stationen ist oft rund um die Uhr etwas zu tun. Inzwischen haben manche Kliniken Schichtsysteme eingeführt, doch das bedeutet meist: mehr Planbarkeit, aber weniger Lebensqualität.Ein großes Thema ist auch die Situation in den Notaufnahmen. Viele Patient:innen kommen mit Beschwerden, die eigentlich kein medizinischer Notfall sind. Nickolas sieht hier ein deutliches Informationsdefizit – es fehlt an Gesundheitsbildung.Sein Vorschlag: Warum nicht auch mal in der Halbzeitpause eines Fußballspiels bei den Öffentlich-Rechtlichen kurze Clips zeigen, in denen erklärt wird, wann man wirklich in die Notaufnahme muss – und wann nicht. Das würde Patient:innen helfen, selbst Verantwortung zu übernehmen – und entlastet gleichzeitig das medizinische Personal.Was ihn zusätzlich belastet, ist die zunehmende Konsumentenhaltung vieler Patient:innen. Ärzt:innen sollen schnell, rund um die Uhr und möglichst nach Wunsch „liefern“ – wie bei einem Dienstleistungsunternehmen. Doch so funktioniert Medizin nicht.Und was macht eigentlich eine gute Ausbildung aus?Ein Medizinstudium allein reicht nicht, um ein guter Arzt oder eine gute Ärztin zu werden. Nach dem Examen beginnt erst die richtige Lernphase – durch Mitlaufen, Beobachten und praktische Erfahrung. Doch im Alltag bleibt dafür oft kaum Raum.Junge Ärzt:innen müssen direkt „funktionieren“, obwohl sie oft noch ganz am Anfang stehen. Und hier geht es nicht um hypothetische Tabellen oder Meetings, sondern um echte Menschen mit echten Risiken. Fehler sind menschlich – aber in der Medizin können sie gravierende Folgen haben.Das wirtschaftliche Denken durchzieht auch die Weiterbildung. Zeit für Erklärungen ist knapp, Ressourcen fehlen, und viele Aufgaben müssen unter hohem Zeitdruck erledigt werden. Für Nachfragen oder ein sauberes „Learning by Doing“ bleibt kaum Spielraum.Ein weiteres zentrales Thema dieser Folge: Palliativmedizin und der Umgang mit dem Lebensende.Die meisten Menschen wünschen sich, nicht im Krankenhaus zu sterben, sondern in Würde und in vertrauter Umgebung. Trotzdem wird das Thema Tod in unserer Gesellschaft oft verdrängt – Patientenverfügungen werden nicht ausgefüllt, wichtige Gespräche mit Angehörigen bleiben aus.Die Folge: In der Notaufnahme stehen Ärzt:innen nachts vor schwierigen Entscheidungen – ohne zu wissen, was die Patient:innen sich wirklich gewünscht hätten. Oft wird dann alles medizinisch Mögliche unternommen, um Leben zu verlängern – aus Unsicherheit, aus Angst vor juristischen Konsequenzen.Hier kommt das Konzept des „Second Victim“ ins Spiel: Das erste Opfer ist die Patientin oder der Patient – das zweite ist die behandelnde Ärztin oder der Arzt, die mit der Last ihrer Entscheidung weiterleben müssen.Was fehlt, ist eine ehrliche, ethische Debatte über das Lebensende – nicht nur im medizinischen Kontext, sondern auch politisch und gesellschaftlich. Das gilt genauso für die Diskussion rund um Organspenden.Zum Ende sprechen Laura und Nickolas noch über ein weiteres Versorgungsproblem: Die Lücke zwischen Klinik und Hausarztpraxis.Bessere Kommunikation und Kooperation könnten vielen Patient:innen lange Wege, doppelte Untersuchungen und unnötige Krankenhausaufenthalte ersparen. Gleichzeitig übernehmen immer weniger junge Ärzt:innen...